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Die Stille ist ein Geräusch. Eine Fahrt durch Bosnien
Juli Zeh
Wo wachsen die Melonen? Wie grün ist der Neretva-Fluss? Warum war hier Krieg? Wer hasst wen und wie sehr? Scheinbar naiv sind die Fragen, mit denen Juli Zeh im Sommer 2001 nach Bosnien-Herzegowina aufbricht, ein Staatsgebilde, das nach Abzug der Kriegsreporter nur noch selten in unseren Nachrichtensendungen auftaucht. Obwohl in den vergangenen Jahren wohl über kein anderes Land in Osteuropa mehr berichtet wurde, wissen wir über Bosnien fast nichts. Plötzlich, wenn "die Wirklichkeit andockt an den Begriffen", ist alles anders.

Während sich der Krieg auf dem Balkan in Zehs hochgelobtem Romandebüt Adler und Engel als Folie für tiefer lotende Fragen nach dem Verhältnis von Recht und Gerechtigkeit anbot, verbietet sich die Autorin in ihrer fesselnden Reisebeschreibung wohlfeile politische Wertungen und Analysen. Stattdessen versucht sie, das unbekannte Land mit buchstäblich allen Sinnen aufzunehmen. In radebrechendem "Endepol", einem Pidgin aus Englisch, Deutsch und Polnisch, entlockt sie den Menschen, die ihr begegnen, Geschichte um Geschichte: Dario aus Jajce, Monsieur Pescaran, der melancholische SFOR-Minenexperte, die Bohemiens um den Buchladen "Buybook" in Sarajevo, Jasmin und die Raver-Gemeinde vom X-Café in Travnik.

Glänzte die Autorin schon in Adler und Engel mit poetisch kraftvoller Sprache, findet sie -- befreit von den Zwängen der Fiktion -- für Landschaften und Menschen erneut Bilder von betörender Schönheit. Gelegentlich eine Art Hemingway'scher Abgezocktheit, die aus der Feder einer 28-Jährigen fast verschreckt. Juli Zeh allerdings ist zu schlau, um nicht zu wissen, dass der Flirt mit Ruinen-Romantik und Morbidität hart am Kitsch gebaut ist. Am bosnischen Ufer der Drina, jenem Fluss, in dem -- es ist nicht lange her -- verstümmelte Leichen die Turbinen eines Wasserkraftwerks verstopften, der Gedanke an einen früheren Reisenden: "Da drüben auf der anderen Seite stand Peter Handke vor fünfdreiviertel Jahren, entdeckte eine schwimmende Kindersandale und wollte nicht herüberkommen."

In Zagreb endet die Reise. Zurück bleibt ein reichlich verbeulter Opel Astra; Olga, die zugelaufene Promenadenmischung, sitzt mit im Zug nach Leipzig. "Ich fühle mich, als wäre das Land durch mich gereist und kehrte nach Hause zurück, während ich übrig bleibe, mit hängenden Armen." Warum war Krieg, und welche Farbe hat die Neretva? Wir wissen es noch immer nicht, aber wir haben vielleicht etwas erfahren über einen vergessenen Fleck in Europa, die Menschen, die darauf leben, über das Schöne und das Schlimme an ihrem Zusammensein. --Niklas Feldtkamp


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